Musikalische Leitung
Attilio Cremonesi
Bühbenbild und Kostüme
Christian Floeren
Argenore
Oper in drei Akten
Musik von Wilhelmine von Bayreuth
Text von Wilhelmine von Bayreuth
Theater Münster 9. Juni 2021
Zerzauste Seelen im großen Geisterhaus
Ein Barockschloss, das wie ein Geisterhaus wirkt. Figuren, die nicht Träger edler Moralkonzepte sind, sondern Spielball egoistischer Leidenschaften. Und am Ende ist die Bühne von Leichen gesäumt. Ein düsteres Szenario, das nicht von ungefähr mit Shakespeare-Dramen verglichen wurde. Es stammt von Wilhelmine von Bayreuth, der musikalisch begabten Schwester des Preussenkönigs Friedrich II. Diese ungewöhnliche Barockoper hat Generalintendant Ulrich Peters nun in Münster inszeniert. Dass die fabelhafte Premiere am Samstag vor einem "geisterhaft" leeren Großen Haus mit 20 Zuschauern über die Bühne ging, passte durchaus. Leider.
Kameras standen für eine DVD-Version bereit und Peters hofft auf eine Live-Aufführung im Juni. Dann könnten nicht nur die Barock-Aficionados hoffentlich miterleben, wie sich Oper und reale höfische Intrigen durchdringen, wie Wilhelmine ihr eigenes tragisches Erleben mit dem Plot verwob. So wird vermutet, dass der tyrannische Argenore ein Abbild von Wilhelmines Vater darstellt, dem "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. Kein Wunder, dass die Komponistin als stummer Zaungast (ausdrucksstark Carolin Wirth) die Aufführung beäugt. Mit einer intensiven Musik, deren Kraft überzeugt - zumal die Sektion des Sinfonieorchesters Münster unter Attilio Cremonesis Leitung so präzise die Barockbogen führte, dass es eine Freude war. Nur loderte beisweilen das vokale Feuer auf der Bühne noch heller... Stimmlich ist viel zu bestaunen, was den Barockfan erfreut - so wogt Leidenschaft aus den Stimmbändern der Sänger...
Dass die Bühne (Christian Floeren) den barocken Hof visuell morbide aus den Angeln hebt, ist ein genialer Schachzug...
Arndt Zinkant, Westfälische Nachrichten 17. März 2021
Das Regie-Team um Ulrich Peters greift den Ansatz der Forschung auf, wonach Wilhelmine sehr viel Autobiographisches in dieser blutrünstigen Oper verarbeitet habe. So zeigt die unbarmherzige Titelfigur einige Parallelen zu Wilhelmines jähzornigem Vater Friedrich I. auf, der unter anderem Hans Herrmann von Katte, einen Jugendfreund Wilhelmines und ihres Bruders, Friedrich des Großen, hinrichten ließ, als dieser Wilhelmine und ihrem Bruder bei deren gemeinsamen Fluchtversuch nach Frankreich unterstützt hatte.
Peters lässt Wilhelmine selbst als stumme Figur auftreten. In einem historisch angelegten opulenten Kostüm nimmt sie auf der Seitenbühne an einem Spinett Platz und komponiert gewissermaßen parallel zur Aufführung die Oper, die währenddessen auf der Hauptbühne stattfindet. Ein großer Spiegel in der Mitte der Drehbühne deutet so wie die Kostüme der Opernfiguren an, dass Wilhelmine in der Opernhandlung ihre eigene Geschichte wiedererkennt.
Ab und zu tritt Wilhelmine auch in die Geschichte ein und beeinflusst die Figuren indirekt.
Opernglas Juli 2021