Musikalische Leitung
Lukas Beikircher
Ausstattung
Christian Floeren
Licht
Rolf Essers

Falstaff

Commedia lirica in drei Akten
Musik von Giuseppe Verdi
Staatstheater am Gärtnerplatz München
18. Mai 2012



 

Pressestimmen


Ulrich Peters hat sich mit seinem Gärtnerplatz-Theater-Ensemble, ausgelagert ins Prinzregententheater, für eine Komödie der Irrungen und Wirrungen entschieden, die Tragik und Spott mit einer Menschlichkeit versöhnen, in der gelungenes Vergnügen als Tugend zählt. Ein kluger Regieeinfall bricht die dramaturgische Spannung des Werks zwischen dem liederlichen Kopulationslustspiel und der tiefsinnigen Schlusseinsicht, dass alles Spaß auf Erden sei: Verdi sitzt schon im Vorspann auf der Bühne und bekennt sich als abgeklärter Vergnügungstäter zu seiner Partitur, in deren Szenen er dann als stummer Zaungast immer wieder auftaucht. Damit legt Peters einen Reflexionsrahmen über eine Comédie humaine, die sich Dank des fabelhaften Ensembles und seines Orchesters gewaschen hat. 
… Damit hat uns die letzte Inszenierung von Peters, der nach unerforschlichem Ratschluss der bayerischen Kultusbehörde München verlässt, etwas wie den idealen ästhetischen Ort des Gärtnerplatztheaters gezeigt. In der heiklen Topographie zwischen luxusverbrämtem Max-Joseph-Platz und simplem Operettenstadel, opulenten Ressourcen und knappen Mitteln führte er im anderen Staatstheater exemplarisch vor, wie sich echtes Plaisier von plattem Entertainment oder zerebraler Dekonstruktion unterscheidet. Beifallstürme, die seinen Abschied zum glücklichen Ende machen.
Süddeutsche Zeitung 21. Mai 2012

Ein bemerkenswerter Abschied: Intendant sagt am Gärtnerplatz mit Verdis „Falstaff“ laut Adieu
Abendzeitung 21. Mai 2012

Es ist das perfekte Werk für den nicht schmerzfreien Schluss der Intendanz Ulrich Peters’ samt dem wohl langen Abschied vom Gärtnerplatztheater aufgrund der Renovierung. Es ist auch das perfekte Werk für die komödienerfahrenen und dementsprechend spielfreudigen Solisten des nun auseinanderbrechenden Gärtnerplatzensembles. Wo Star-Sänger auf „locker und leicht machen“, haben die Gärtnerplätzler all dies in Mimik, Gestik, Körpersprache sowie Gesangsfärbung „intus“ – und können es einfach „servieren“. Der ungetrübte Schlussjubel galt aber auch der dramaturgisch und szenisch überzeugenden Inszenierung (Ausstattung Christian Floeren). „Sir John Falstaff“ ist als verarmter Adeliger (aus Shakespeares „Henry IV.“) bei seiner Widergeburt durch Verdi im Jahr 1880 beim Theater untergekommen, lungert in der Theaterkneipe mit verluderten Statistinnen und den versoffenen Nebenrollen-Kollegen Bardolfo und Pistola herum. Es wird eben „Don Juan“ und „Henry IV.“ gegeben. Zwischen den Proben werden Pläne um Liebe und Geld geschmiedet – und beides lockt und sitzt beim reich gewordenen Besitzbürgertum des Viktorianischen Zeitalters. Dort wird eine mal pingelige, mal rigide „Moral“ hochgehalten, während im (Szene-)Hintergrund die Schlote rauchen. Der Kanal, in den Falstaff beim arrangiert missglückten Rendezvous mit der das Familienvermögen verwaltenden Alice Ford gekippt wird, ist schon eine verschlammte Brühe. Aus ihm steigt, algenbehangen, Falstaff mit einem voluminösen Rettungsring – Szenenapplaus! – und Gregor Dalal „singschauspielert“ alles so text- wie stimmungsgenau, dass der Titel „Staatstheater“ künstlerisch stimmt.
Das gilt auch für den baritonal kernigen Besitzbürger Ford von Gary Martin, seine reizvolle Alice von Sandra Moon sowie das etwas reife Töchterchen Nannetta von Christina Gerstberger. Robert Sellier gibt den wohl nicht industriell, sondern literarisch orientierten Liebhaber Fenton lyrisch tenoral überzeugend. Neben der gleichfalls verführerischen Meg von Franziska Rabl ist Ann-Katrin Naidus Witwe Quickly eine zwar hell timbrierte, aber so bildschöne Liebesbotin, dass mehr als verständlich wird, dass Falstaff, sofort wenn der Vorhang fällt, mit ihr langfristig anbandelt. Das sieht auch Verdi (reizend altenherrenhaft Dieter Kettenbach) so – denn er ist während der ganzen amourösen Turbulenzen als „Spiritus Rector“ mit auf der Bühne, serviert Falstaff die nächste Flasche, rettet das Bändchen mit Fentons Gedichten und betrachtet mit amüsierter Distanz das Eigenleben seiner Figuren, denen andererseits er selbst das ewige Theaterleben eingehaucht hat – was Dirigent Lukas Beikircher mit Chor und Orchester frisch und zupackend hörbar macht. „Evviva Verdi!“ und „Auguri!“ für alle Abschiednehmenden!
Donaukurier 22. Mai 2012

… Besser hätte man das nicht auf die Bühne bringen, um den Sinn der Oper, dass alles Spaß auf Erden ist, verständlich zu machen.
Bei solchen Operninterpretationen geht einen das Herz auf. Eine „referenza“ an Peters, dessen Abschiedsgeschenk an München unvergesslich bleiben wird.
Mittelloge 17. Juni 2012

Drumherum ein aufgekratztes, herrlich disponiertes Ensemble, das noch einmal alle Register zieht: Der prachtvolle Gregor Dalal (Falstaff) mit mächtiger Bassstimme, die ganz zart und pianissimo den „Vecchio John“ besingen kann; der vor Eifersucht berstende Gary Martin (Ford), lyrisch-stählern Robert Sellier (Fenton), verlottert und ein wenig „hyperkomisch“ die beiden Kumpane Falstaffs Mario Podrecnik (Bardolfo) und Martin Hausberg (Pistola), die durchtriebenen Damen Sandra Moon (Alice), Franziska Rabl (Meg) und Ann-Kathrin Naidu (Mrs. Quickly) und die strahlende Christina Gerstberger als Nannetta.
Versetzt in die Jahrhundertwende 1900 tummelt sich die Damenwelt in Rüschen und hochgeschlossenen Kleidern, die Herren in Zylinder und Gehrock. Die Bühne ist schlicht und verwandlungsfähig: Hohe Backsteinfassaden an den Seiten, im Hintergrund ein Prospekt, der wahlweise die Themse oder den Wald von Windsor zeigt. In der Mitte eine Litfasssäule für den öffentlichen Platz oder ein paar Möbel für das Haus Ford (Bühne und Kostüme: Christian Floeren), schlicht, schöne anzusehen und funktionsfähig.
Dazu ein wunderbar klingendes Orchester, dirigiert von Lukas Beikircher, der den Überblick in komplizierten Ensembleszenen behielt, die Sänger trägt und beflügelt. Da wackelt nichts, das ist alles wie aus einem Guss.
Kein Trash auf der Bühne, keine knirschenden Regie-Ideen,, die dem Werk übergestülpt wurden, sondern schlicht gepflegte Heiterkeit, die einen schmunzeln lässt. Das Programmheft zitiert dazu aus einem Brief Verdis: „… Die Oper ist rein komisch. Amen.“ Wohlan, das ist gelungen und macht Freude.
Der Neue Merker 24. Mai 2012