Musikalische Leitung
Ola Rudner
Ausstattung
Christian Floeren

Carmen

Oper in drei Akten
Musik von Georges Bizet
Landestheater Salzburg / Kleines Festspielhaus
24. Februar 2007

 

Carmen lässt das Licht an...

Gespräch zwischen Ulrich Peters und Dramaturg Michael A. Sauter

Sauter: Die Zeile „L'amour est un oiseau rebelle" ist vermutlich das bekannteste Zitat des Librettos ... Geht es aber wirklich um Liebe in Carmen? Ich habe das Gefühl, keiner der Beteiligten weiß wirk­lich, was mit Liebe gemeint ist ... Und so, wie Carmen von Liebe singt, kann es Liebe als gelebte Beziehung ja gar nicht geben...

Peters: Ja, alle vier Protagonisten, also Carmen, Don Jose, Micaela und Escamillo verstehen unter diesem Begriff etwas völlig anderes. Daraus entsteht eben die Spannung der Oper. Hier prallen vier elementar verschiedene Dinge aufeinander. Carmen kann ihr Liebesbekenntnis an Escamillo gegen Ende der Oper nur so stark formulieren, weil sie weiß, dass sie sterben wird, denn an die Weissagung der Karten glaubt sie unbedingt. Carmen hilft ihrem Tod nach, sie sucht ihn geradezu, fast wie eine Selbst­mörderin. Sie kann nur in Freiheit lieben. Der Tod ist ihr Ausweg aus einem Dilemma. Denn Don Jose und auch Escamillo wollen sie einengen, sie besitzen. Das passt nicht zu ihr. Der Tod rettet sie vor einer bewussten Entscheidung. Dass Liebe und Beziehung auch etwas damit zu tun haben, einen Kompromiss eingehen zu kön­nen, das sieht sie nicht oder will sie nicht sehen. mehr

 

Pressestimmen

Der Regisseur versteht seine Carmen  als radikale Reduktion der Handlung auf den Kern der Geschichte, als veristisches Kammerspiel. Nichts Äußerliches lenkt von den seelischen Konflikten der vier Protagonisten ab, die sich raum- und zeitlos zu jeder Zeit und überall ereignen können. Die Stierkampfarena, die Stätte des Kampfes wird Symbolraum der Handlung, in dem die Protagonisten ihren Kampf auf Leben und Tod austragen …
Mykene

Rund um diese Drehscheibe hauptsächlich agiert der Chor, der in Peters’ französisch gesungener Inszenierung weniger die Volksschichten Sevillas repräsentiert als eine statisch schauende, „kommentierende“, festlich gekleidete Gesellschaft in Abendkleid und unter Zylinder. Dieser Regieansatz hat einen Nachteil und zwei Vorteile: Er beraubt die Oper um ihre Dimension „kochender“ Massenszenen, vermeidet andererseits aber die stets dräuende „Carmen“-Gefahr einer Folklore-Schau und lenkt somit die Konzentration auf die von Peters kammerspielartig und berührend inszenierten Individual-Tragödien.
Im „Arena“-Schlussbild dann, von dem aus dieses Interpretation offensichtlich erdacht wurde, gehen Szene, Chor- und Personenführung hundertprozentig in ihrer Wirkung auf: Die Drehscheiben-Spielfläche, wo der Stier und Escamillo miteinander ringen, ist natürlich nicht einsehbar, doch erblickt und hört man frontal das Corrida-Publikum mit seinen Kommentaren zum Kampf. In ihrer Doppeldeutigkeit treffen diese Kommentare selten so präzise wie in Salzburg: Gemünzt eigentlich auf Escamillo, unterstreichen sie messerscharf auch den physisch-psychischen Vorderbühnen-Kampf zwischen Don José und dieser Carmen, die endlich nun auch Charakter zeigen darf…
Augsburger Allgemeine Zeitung, 26. Februar 2007